Projekt Nr. 18
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04.04.2001
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Der Zeichnungsgenerator in New York City  –  Bericht 6
Mit dem Peter Voigt Reisestipendium in New York City
09.01.2001  –  11.01.2001

Sehr geehrter Herr Vasel,*

Sie hatten mich gebeten, meine genaue Adresse in NYC anzugeben.

Das habe ich bis jetzt nicht für so sinnvoll gehalten, weil ich inzwischen schon in meinem 3. Zimmer wohne. Und demnächst wieder umziehe. Und da Post von Deutschland meistens über eine Woche unterwegs ist, wäre es recht aussichtslos, mir etwas schicken zu wollen.

Inzwischen habe ich in Manhattan (W 254 21th St.) und in Brooklyn (38 South 4th Street und im Moment 180 South 4th Street) gewohnt.
Wenn es klappt, werde ich unter folgender Adresse länger zu erreichen sein:
244 Roebling Street, #18
Brooklyn, NY 11211, USA
(Allerdings: nicht immer kommt die Post auch an, bzw. bleibt im Briefkasten – deshalb hat mein flatmate auch ein Postfach... ist eben nicht die beste Ecke)

Wie entwickelt sich denn die Geschichte mit dem Expo-Teppich? Irgendwelche Neuigkeiten?

[…]

* Bernd Vasel arbeitet für den Braunschweigischen Vereinigten Kloster- und Studienfonds, die auch das Peter Voigt Reisestipendium ausloben.

#

Sich hier im Winter ein brauchbares und bezahlbares Zimmer zu suchen ist eine Fulltime-Beschäftigung. Aber so trifft man auch sehr schnell sehr unterschiedliche Leute – jedes Zimmer, was man kriegen könnte, hätte ein anderes Leben zur Folge, kann eine Biographie in eine andere Richtung prägen: landet man im jüdischen Viertel, bei den Polen - oder, wie ich jetzt, in einer noch hauptsächlich von Portorikanern geprägten Gegend... es gibt hier über 15 bis 20 Blocks keine NY-Times zu kaufen, weil hier einfach nicht genug Leute mit ausreichend guten Englischkenntnissen leben. Und wenn ich spanisch könnte, wäre das einkaufen deutlich unkomplizierter.
Beeindruckend sind die Fingernägelstudios mit oft über 100 verschiedenen Design-Mustern im Schaufenster.

Aber die jungen Erfolgsmenschen, die Desiger, Internet- und Marketingleute rücken schon nach. Die Mieten explodieren geradezu. Die Wohnung, in der ich gerade lebe, kostet demnächst statt 2300 dann 3000 Dollar. Ich bin jetzt knapp eine Woche hier und habe schon 4 Umzüge, also Auszüge, im Haus hier mitbekommen, weil die Leute die Miete einfach nicht mehr zahlen können. Und die Rechte der Mieter sind hier recht gering...


II.
Ich habe jetzt schon seit 3 Tage eine blöde Erkältung - unangenehm, weil ich keine richtige Matratze habe und mit der Heizung das hier auch so eine Sache ist. Ich bin gerade echt entnervt.

Bei dem Kunst am Bau Wettbewerb in Halle habe ich den zweiten Platz gemacht - hinter Balkenhohl. Heute habe ich's erfahren. Angeblich war es knapp. Und angeblich überlegen sie, eine Skulptur bei mir in Auftrag zu geben., unter anderen Bedingungen versteht sich – also schlechter bezahlt... als Sieger hätte ich 100000,- DM Honorar bekommen! Im Moment weiß ich nicht so recht, ob ich mich freuen oder ärgern soll...

Nach dem großen Krach, es war ungefähr 3 Uhr Morgens, wache ich auf, weil es lange klingelt... und höre Stimmen (J. und ihr Freund P.): "My god - she is completly drunk!" - "She can't open the door." ... (Obwohl man fairer Weise sagen muss, dass fast kein Schlüssel so richtig passt hier in NYC. Andererseits lebt die R. mit diesem Schlüssel schon seit ein paar Jahren in der Wohnung...)
J. geht also runter und macht ihr auf. Als R. dann in der Wohnung ist, nölt sie noch was von wegen: "I hate him." (Him - das bin ich. Nicht etwa die skandinavische Rockband gleichen Namens) und noch Mal: "I really hate him." Und dass ich bestimmt das Schloss manipuliert hätte.
Ich hatte vorher noch mit J. darüber gesprochen, dass sich die Situation vielleicht noch mal normalisieren würde. Und sie war auch dafür, dass ich bleibe. Aber nach dieser Nacht habe ich dann doch entschieden auszuziehen.
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III.
Whow!
Eben hat mich ein Deutscher angerufen – auch so eine Empfehlung über ein paar Ecken – und bietet mir einen Raum an. Preis ist noch nicht klar, Besichtigung wäre morgen.
Ob ich denn dem anderen, wo ich bis jetzt hin ziehen wollte, schon Geld gegeben hätte?
Nein? Dann solle ich mir mal keine Gedanken machen. Und dass der fest damit rechnen würde, dass ich bei ihm einziehe... das sei ja nun nicht mein Problem. Das hier ist New York - man! (dieses man gilt es englisch, bzw amerikanisch auszusprechen)

Irgendwie hatte der Typ, zu dem ich ziehen wollte, auch schon so geredet. Und genau die gleichen Fragen gestellt: ob ich denn schon Geld gezahlt hätte an die Leute bei denen ich jetzt so unzufrieden wohnen würde. Und das ich auf irgendwelche Versprechungen keine Rücksicht nehmen müsste. Und dass ich doch ganz bestimmt zum 15. dort rauskommen müsste (was jetzt tatsächlich zu klappen scheint - sogar ohne Verluste) – nur reagierte der dann pissig, als ich ganz selbstverständlich davon ausging, nur für 2einhalb Monate zu zahlen... also ab dem 15. bis Monatsende + 2 Monate: auch den 1. Monat müsste ich voll zahlen.
Ich verzichtete in dem Moment darauf erstaunt zu sein und dachte mir meinen Teil...
Ich kann nicht sagen, dass mir das alles so gefällt.

"Rücksichtnahme lohnt sich nicht hier – das ist New York! Bei mir ist auch schon mal ... blabla […]" einmal in Gang gesetzt, schraubt sich so was immer weiter, bis irgendwann Bürgerkrieg herrscht.
Nun ja... vielleicht etwas übertrieben. Aber ich möchte langfristig in einer Gegend wohnen, wo die Leute alle halbwegs genug Geld haben, das Wohlstandsgefälle gering ist und die Häuser keine Doorman haben und brauchen – selbst das Gebäude, in dem Christoph Girardets Studio ist, hat einen Tresen im Eingangsbereich; und der Mann dahinter fragt dich nach deinem Begehr.

#

Ich kann dieses: Hey man! This is a realy good deal, man... usw." nicht mehr hören.

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Und immer wieder in NYC in der Zeitung lesen zu müssen, dass NYC immer langweiliger und teurer wird und das Viele überlegen, nach Berlin zu gehen – das macht keine Freude.


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