Projekt Nr. 20
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Der Zeichnungsgenerator – Gespräch: Bjørn Melhus / Hannes Kater
Teil 6 und Schluss
Teil  1  2  3  4  5  6
Material:
- Ausstellungskonzept
- Rundgang durch die Ausstellung
- Die Räume von Hannes Kater
Gespräche zur Ausstellung:
Bjørn Melhus (2. Künstler)
Diana Dietz (Assistenz)
Silke Boerma (Kuratorin)
Armin Chozinski (Helfer)
Gabriele Mackert (Autorin)
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Raum-Zeit

Bjørn
: Es tut vielleicht der Arbeit nicht gut, wenn die Grundvoraussetzung, wie die Arbeit entsteht, weggeschnitten ist, also in diesem Fall...
Hannes: Ja, man muss dem großen Raum einen kleinen Raum reinsetzen, und da nur?
Bjørn: Ja, ich meine, das ist ausschließlich, also ich denke, was du nur machen kannst, wenn ein Ausstellungshaus sagt, also jetzt der Kunstverein oder sowas, wir wollen jetzt noch mal eine solo-show, vielleicht in zehn Jahren eine solo-show mit Kater machen...
Hannes: ...dann muss das anders laufen, klar.
Bjørn: Wir schließen jetzt erst mal das Haus für ein halbes Jahr. (Lachen) Ja, ich meine, das wäre ja die... Also bei der Größe?
Hannes: ...das wäre die Idealsituation, ja!
Bjørn: Ja klar, bei der Größe, also du musst es ja dem Raum auch entsprechend sehen. Also wenn du einen kleinen off-space machst, und da schon irgendwie zwei Wochen dran arbeitest, dass du an einen Punkt kommst, der dir gefällt, dann musst du das ja natürlich, je größer der Raum, hochrechnen. Gut, also vier Monate oder so brauche ich dadrin, dann steht die Sache. Und da spielt keiner mit, ja. (lacht)
Hannes: Mh?
Bjørn: Und vier Monate brauche ich auch noch irgendwie drei Techniker, die mir jeden Tag zur Verfügung stehen. (jetzt lacht H doch mit)
Hannes: Nee, das geht nicht, ja.
Bjørn: Ja. Ich finde das eine ganz interessante Sache…
Hannes: Aber ich meine, die Leute reagieren doch schon pissig, wenn du sagst, du würdest sehr gerne in dem Raum auch schlafen. (Lachen) Das finden die doch schon Scheiße!
Bjørn: (sinnierend) Der Künstler lebt und arbeitet.
   Ich weiß jetzt gar nicht, ob die (??), ob die da nicht auch bei König, ob die da auch nicht gewohnt haben, das sah beinahe so aus, also... der hat eine Ausstellung gemacht da, im Stockbett eben auch, deshalb (lacht)... ich weiß es nicht, ich habe da nicht mehr nachgefragt, und das sah wirklich ganz so aus, als ob die das auch so genutzt(?) haben – das finde ich auch gut! Aber das ist... also ich war ja schon das erste Mal... ich meine, ich hatte ja so ein paar Sachen davor gemacht und was so mein Erfahrungsschatz ist, und ich habe ja mit solchen Situationen schon sehr, sehr viel zu tun gehabt, also Anfang des Jahres, wo im Prinzip schon eine ganze Ausstellung aufgebaut wird, also acht Räume, die bespielt werden, bevor man überhaupt ankommt. D.h. es muss mit... also das war die Überraschung(?), bin auch hingeschubst worden, weil wenn mir dann alle Häuser sagten, wenn irgendwo was entstehen sollte: ja, wie jetzt genau, wir brauchen, und das schon... der Techniker braucht drei Wochen vorher, vor Ausstellungsaufbaubeginn schon exakte Pläne und Zeichnungen und Maße und alles Mögliche?
Hannes: Ja, da war ja der Kunstverein Hannover als Institution noch total soft! Superflexibel, tolle Leute. Ich meine, wenn das... (lachen) irgendwie so Beamtenmentalität gewesen wäre: nö, jetzt, also ich brauche nächste Woche den Plan, und ich komme morgens um neun und habe dann Pause und gehe dann heim... das wäre für mich schwierig geworden.


Produktionszeit Bjørn: Ich weiß ja nicht, ich meine, man muss ja auch sehen, wo sind die Wurzeln, oder was ist das Eigentliche der Arbeit – und ich meine, bei dir ist es wirklich das, wie ich sagte, also das Prinzip, wie du mit dem Raum umgehst. Und die Qualität, glaube ich, liegt da nicht in der Quantität des Raumes, oder...
Hannes: Nö, das ist...
Bjørn: ... oder ein großes Haus, also wie jetzt irgendein Museum oder so, würde praktisch – also Vorstellbarkeit – ein Haus, ein anderes Haus mieten, für ein Jahr oder halbes Jahr eben...
Hannes: ...und da produziert man dann.
Bjørn: ... und dann... oder einen Raum, einen großen oder sowas als zusätzlichen Raum, und da wird dann halt produziert. Also das wäre dann der nächste Weg für dich, also auch weiterzugehen, dass du sagst, mit der Arbeit müssen das solche Bedingungen sein, die aus dem herkömmlichen Ausstellungskonzept eigentlich erst mal gar nicht... also da ganz rausfallen. Aber ich denke mal, wenn man solche Bedingungen einmal klarmacht auch vorher?
Hannes: (lacht ungläubig) ...dann kriegt man nie... Mm, weiß ich nicht, vielleicht.
Bjørn: Ja, aber ich meine, entweder sie wollen es ausstellen, oder sie wollen es nicht ausstellen!
Hannes: Okay, ja.
Bjørn: Ich meine, gut, man kann irgendwie aufeinander zugehen, in einer gewissen Art und Weise, aber... und wenn eine Arbeit so angelegt ist, also im Enstehungsprozeß angelegt ist, dass der Raum da sein muss, verfügbar sein muss, dann muss das ja auch... das gehört ja mit zur Ausstellung dazu.
Hannes: Ja, ich meine, eine Lösungsmöglichkeit war ja diese simulierte, also diese 3D-Geschichte, die Entwicklung der Sachen in 3D, was halt nur bedingt...
Bjørn: ...bedingt geht das auch, das wollte ich... also das habe ich mich eh immer gewundert bei dir...
Hannes: ... was halt bedingt Erfolg hat nur, weil die Lösungen anders aussehen müssen.
Raum für Freunde und andere Gäste

Bildprogramm für einen Raum. In:
From B to A and back – Gruppenausstellung
in "Arti et amicitiae", Amsterdam / Holland, 1999

Wand- und Deckenzeichnung, Projektionen
(7 Overheadprojektoren), QTVR-Animation
auf Bildschirm (+ Computer) und vier A4 -
Zeichnungen auf Papierhaltern. Holz und
Tischböcke.

Mehr hier
Bjørn: Ja, habe es das erste Mal vor allem bei Arti et Amicitiae in Amsterdam auch so wahrgenommen von der, also der Überschneidung von Computer und...
Hannes: Eigentlich geht es nicht wirklich, nee. (lachen)
Geht ein bißchen! Aber eigentlich ist es eine eigenständige Arbeit, also es ist halt dann Simulation. Und die Simulation braucht andere Lösungen als der reale Raum. Also man müsste sozusagen... man darf dann nicht der Verlockung erliegen, dass die Simulation auch eine eigene Qualität haben könnte oder sollte, sondern müsste dann einfach aus der Erfahrung, die man mit der Realität hat, die Simulation hässlich aussehen lassen. Und hoffen, dass man trotzdem der Realität nahe kommt. Ob das wirklich funktioniert, weiß ich nicht. Und es ist halt ein sehr anstrengendes Arbeiten, weil man nicht direkt arbeitet, sondern irgendwie immer um ein paar Ecken. Finde ich ziemlich anstrengend.
Bjørn: Man macht Dinge noch mal, doppelt, oder? Also ich meine, du baust ja irgendwas in der Simulation…
Hannes: Nee, du zeichnest halt nicht direkt, du bist nicht im Raum, du bist nicht direkt auf der Wand, du schiebst nicht was hin und her, sondern du musst dir den Raum vorstellen, und dann hast du ihn simuliert... also jetzt gibt es inzwischen Software, ich glaube, die packt das noch nicht, also daß du halt direkt auf 3D-Dinger draufzeichnen kannst. Das funktioniert, aber also mein Rechner ist ja nicht schnell genug.
Bjørn: Mannomann... (lacht)
Hannes: Ja, ich meine, so werden Texturen gemacht, also ein Löwe oder so. Oder du hast einen Tiger, und der Fleck stört dich da auf dem Fell, und dann malst du den weg – das geht inzwischen. Das funktioniert tendenziell nur nicht für so Sachen, wie ich sie mache, und wenn es funktionieren würde, dann würde mein Rechner das nicht packen. Aber eigentlich, du zeichnest also auf dem Papier und scannst es ein, ... oder du zeichnest halt in den Rechner und packst es dann auf die virtuelle Wand, also das ist noch mal das Indirekte. Das ist anstrengend. Also man muss es sich vorstellen, und dann probiert man es aus. Das ist immer so ein... Viel besser ist es, real auf der Wand im Raum was zu machen, sich das anzugucken... und dann entscheidet man ja oder nein. Das ist ein anderes, ein viel schöneres, Arbeiten.


Masse und Klasse Hannes: Neulich habe ich dich ja auch mal gefrotzelt, also irgendwie: du brauchst ja auch immer mehr Kohle, immer mehr Techniker. Ist da nicht auch eine Grenze? Und wie geht so jemand wie Paik damit um. Das ist ja auch so ein Pseudo-Zen-Buddhist, ich meine, der bewegt doch Geld ohne Ende, damit er da den ganzen Quatsch... ich finde das immer noch dieser Zen-Buddha am besten, ist natürlich jetzt auch inzwischen langweilig... aber der war superbillig und das bringt es eigentlich auf den Punkt, und der Rest ist irgendwie... Geld verbrennen.
Bjørn: Ja, wobei, dass ich da dreißig Monitore gekauft habe, das kann für mich kein Geld verbrennen gewesen sein...
Hannes: Nee, ich meine jetzt Paik mit seinem...
Bjørn: Ja, klar. Gut, der geht ja dann auch irgendwohin, mit den großen, also der ganzen Monitorwand da. Wobei letztendlich, wenn man größer wird, und das auch nur noch wiederholt, ist ja eine andere Frage. Also ich meine, das, was jetzt an Bildern auf dieser Monitorwand so ablief, das war also relativ...
Hannes: ... eigentlich relativ egal.
Bjørn: ... hatte nur als Moment, also diese Masse an Geräten, also das war ja ein Teil der Arbeit, überhaupt um diese Monumentalität, die da bunt vor sich hinflackert, hinzustellen.
Hannes: Es wird eine Geste. Also ich meine, noch nicht mal richtig abwertend, aber das ist halt...
Bjørn: Ach, egal, ich meine, für mich sind da nach oben hin keine Grenzen gesetzt, solange das was ist, was gut ist, oder wo ich das Gefühl habe, da macht man jetzt was... also weil, du kannst auf irgendeine Messe gehen oder sowas, wenn du auf die Cebit gehst, da hast du Geräte, die...
Hannes: (holt tief Luft) Okay, ja.
Bjørn: Also da, ich weiß gar nicht, habe jetzt nicht das Verhältnis... also zu Geld ist im Moment: es kommt und geht. Es ist so ein Durchfluss da. Ich meine, ich hätte vor ein paar Jahren nicht einfach sagen können: gut, ich kaufe jetzt für zehntausend Mark Fernseher, und hinterher sitze ich da drauf rum, ohne... ich meine, gut, ich habe ja jetzt auch schön bei meinem Vater, ich habe es auch bei diesem Weiß bekommen, davon werden erst mal Schulden abbezahlt und muss wieder neue Technik gekauft werden. Also ich bin hier heute morgen durch die Wohnung gerannt und habe irgendwie gesehen, dass ich keine Socken mehr...
Hannes: (lacht!)
Bjørn: ... also es ist einfach so ein... wo ich mich immer so frage, es ist echt der Hammer, weil es gibt so andere Dinge, die bedeuten mir so wenig, oder das Geld bedeutet mir wenig, überhaupt gar... außer dass ich irgendwie überleben kann und die Dinge machen kann, die mir wichtig sind. Dass ich mobil bin, dass ich von NY fliegen kann...
(schrilles Telefon unterbricht)


11. September 2001
Bjørn: Ich hatte vorher, als wir redeten eben... Du hattest vorher auch, also in einem zweiten Text, den 11.September angesprochen.
Hannes: Ja.
Bjørn: Und bevor uns die Zeit jetzt davonläuft…
Hannes: Wie spät ist denn?
Bjørn: Es ist viertel vor zwölf. Also ich muß halt um eins in der Hardenbergstraße sei, zwanzig vor eins oder so muss ich weg, naja, wir haben noch eine Stunde.
Um das auch noch mal kurz anzusprechen, ich meine, man kann ja nachher noch mal auf die anderen Dinge, auf die andere Sache zurückkommen, aber ich finde das auch wichtig im Moment. Und zwar war diese Frage, ob man... ist die Frage der Auseinandersetzung in der Kunst überhaupt damit, also es ist ja dieses... was du beschreibst, also dieser eigentliche Terrorismus, was da passiert, dass es sich so zurückhält, also dass es keine Bekennerschreiben gibt, daß es Ankündigungen gibt?
Hannes: Drohungen…
Bjørn: Ja, nee, Drohungen nicht mal! Also...
Hannes: ... es wird was passieren. Es könnte was passieren, wir haben was vor. (lacht)
Bjørn: Ja, bzw. irgendjemand streut ein Gerücht, es gibt Gerüchte, kurz bevor ich aus NY weggeflogen bin... es ist ja so, daßss man dann von den Leuten hört, es gibt ein Gerücht um das, dass in der nächsten Woche was passieren soll, und dann plötzlich alle denken, natürlich Halloween ist, was Daten angeht, das perfekte Datum, um irgendwas...
Hannes: Ja, da kommt aber auch wieder so eine Mystik rein, wie bei dem anderen Termin. Halloween wird plötzlich... ich meine, das sind Islamisten, und wieso sollen die jetzt auf Halloween ausgerechnet... und denken sich soweit rein und...
Bjørn: Ja, es ist die Frage, ob das "nine eleven" ein Zufall ist, oder ob die sich wirklich was gedacht haben... ich meine, die haben lange in den USA gelebt, also die wissen...
Hannes: Ja, was war... Montag war Patriots Day, oder wie heißt das? Oder war das Sonntag, als das Hauptding runtergekommen ist? Nee, das war Montag?
Bjørn: Das war ein Dienstag.
Hannes: Nee, runtergekommen ist es am Montag.
Bjørn: Was?
Hannes: Der Flieger. Nee, jetzt, der auf Queens gefallen ist. Das war der Patriots Day!
Bjørn: Ach! Tatsächlich.
Hannes: Also das ist ein Feiertag in den USA, ja. Tag der Patrioten. Oder Veterans Day.
Bjørn: Veterans Day! Ah ja.
Hannes: Irgendwie sowas. Veterans Day, heißt das.
Bjørn: Na, ist doch klar, ich meine...
Hannes: (lacht) Komischer Zufall.
Aber andersrum, du findest fast immer irgendeinen Sinn! Wenn du danach suchst, findest du im nachhinein immer eine Struktur, die paßt. Also wenn bei Halloween was passiert, dir wäre sofort klar gewesen: na logisch! Und jetzt beim Veterans Day ist auch klar: logisch!
Bjørn: Es ist ja überhaupt komisch, ich meine, wie dieses Jahr, oder wie der Umgang mit Halloween war, in der Stadt, ich hatte ein beklemmendes Gefühl... also du wohnst nur fünfzehnhundert Meter von einem großen Schutthaufen mit 5000 Leichen, die da immer nach 6 Wochen noch vor sich hinschwelen, entfernt, aber die ganzen Schaufenster in der Stadt sind voll mit abgehackten Armen und blutverschmierten Grimassen... Das mit der Halloween-Dekoration, das läuft so weiter, und das kriegt plötzlich alles (lacht) eine sehr seltsame... also es ist alles neu besetzt auf einmal. Auch so ein Ereignis wie Halloween, weil es so einfach ist, Zusammenhang herzustellen.
Hannes: Aber das ist eine Definition, wie man erfolgreiche Kunst beschreibt. Zum Beispiel, wenn so über Cezanne berichtet wird: ich war in einer Ausstellung, habe das erste Mal in meinem Leben Cezanne gesehen, und seitdem sehe ich anders! Ich gehe in die Natur und habe die Strukturen, die ich vermeintlich in den Bildern von Cezanne entdeckt habe, im Hinterkopf und in meiner Wahrnehmung. Er hat somit meine Wahrnehmung verschoben. Und das ist eigentlich eine künstlerische Strategie. Und dann, wenn es funktioniert, ein künstlerischer Erfolg!
Wenn du was machst, meinetwegen ich sehe irgendein Tape von dir, und gehe dann in die Realität, und plötzlich sehe ich mit deinem Blick, deinem Filter, den du mir da als exemplarisch vorführst, anbietest....
Bjørn: Nochmal! Den Filter, den... (Bjørn kaut wieder/immer noch)
Hannes: ... ich bei dir gesehen habe, also ich sehe meinetwegen "again and again", und dann gucke ich Fernsehen, oder kaufe ein, und höre was, und plötzlich habe ich diese Strukturen, die du da anbietest, und Wahrnehmungsmuster, habe ich drin...
Bjørn: Ja, du meinst damit, auch weiterdenkend, deine eigenen... jaja, genau.
Hannes: Ja, oder ich habe ein Bild von Cezanne gesehen, gehe spazieren, und plötzlich fange ich an...


special affects:
Bjørn:
wohin wollen
kreuzunglücklich
heranstolpern
in Vorstellbarkeit

Hannes:
total,
soft
safe
obvious
space



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