Texte aus dem Jahr 2002
 
Pressespiegel 2002 spacer

Berichtet über die Ausstellung "Mittelbau" haben:

Die Aller - Zeitung am 23.09.2002
Die Gifhorner Rundschau am 25.09.2002
Die Braunschweiger Zeitung am 12.10.2002


23.09.2002 – Aller - Zeitung

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Bei dieser Ausstellung muss der Betrachter mitmachen
Hannes Kater stellt im Kunstverein Gifhorn aus



(sdo)
Eine ganz besondere Ausstellung ist zurzeit im Gifhorner Kunstverein zu sehen. Besonders deswegen, weil sie vom Besucher eine erhöhte Konzentration fordert, um die Gedanken des Künstlers und damit seine bildlichen Aussagen nachvollziehen zu können. Und weil sie nicht bloßes Betrachten verlangt, sondern mitmachen.

Hannes Kater, bereits bekannt als "Zeichnungsgenerator", erläutert seine Kunst mit dem Titel "Braucht der Mittelbau einen Überbau? – Oder von der Orthopraxie des Zeichnens" selbst. Das Zeichnen ist für ihn eine Handlung, die sich ähnlich automatisch vollzieht wie das Sprechen.
Heinrich von Kleist sprach von der "allmählichen Verfestigung des Satzes beim Sprechen", und auch Katers Akt des Zeichnens entwickelt eine Eigendynamik, deren Ergebnis oft mehr Aussage enthält, als dem Zeichner bewusst ist.

Um das Zeichnen zu automatisieren, das heißt ohne intensives Nachdenken handeln zu können, entwarf Kater 36 verschiedene Zeichen. Ähnlich den chinesischen Zeichen oder ägyptischen Hieroglyphen haben seine Zeichen verschiedene bedeutungen, die in einer Zeichnung – wie auf einer Bühne – miteinander verbunden, eine Aussage oder Geschichte wieder geben.

Kater fordert Interessenten auf, ihm eine Begebenheit aus ihrem Leben mit ihren Gedanken und Gefühlen zu schildern. Als Zeichnungsgenerator entwirft er daraus eine Zeichnung, die den Text bildlich wiedergibt. Per E-mail können sich Interessenten an den Künstler wenden (hanneskater@email.com).

Die Ausstellung ist nicht statisch und wird vom Künstler bis zum Ausstellungsende am 27. Oktober immer wieder verändert und weiterentwickelt. Öffnungszeiten: donnerstags 17 bis 20 Uhr, samstags 11 bis 17 Uhr
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25.09.2002 – Gifhorner Rundschau

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Wie Darsteller auf einer Bühne
Hannes Kater macht sich zur Zeichnungsmaschine, schöpft Produktivität aus Freiheit und Beschränkung



Von Anja Alisch
GIFHORN. Fast möchte der Besucher beim Eintritt in die Räume des Kunstvereins ausrufen: "Das ist ja gar keine Galerie!" Zu sehr erinnern Kisten mit geordneten Skizzen, ein Arbeitstisch inmitten von Styropor-
schnitzeln, Projektoren, Computer und ein halb gemachtes Bett an ein be-
trieb
sames Ein-Mann-Designerstudio.
Hannes Kater selbst ist inmitten der Präsentation aktiv, hat erst in Gifhorn das körnige Verpackungsmaterial als Zeichengrund entdeckt und möchte daran, vor der Ausstellungseröffnung am Sonntag noch von einer Erkältung lahmgelegt, auch während der nächsten zwei Wochen noch weiterarbeiten.

Im Gegensatz zu vielen Künstlerkollegen ist Kater kein schweigsames in sich gekehrtes Individuum, sondern spricht gern über seine Arbeiten. Und die sind im Grund mit wenig im Kunstbetrieb vergleichbar. Aber haben erstaunlich viel mit Sprache zu tun. Kater macht sich selbst zur "Zeichnungsmaschine", lässt sich Ideen, Ge-
dankengebilde oder einfach erzählte Erlebnisse vorgeben und setzt diese mit roten und blauen Filzstiften in auf den ersten Blick komplizierte und verschlüsselte Zeichnungen um.

Wie in einer Sprache erfindet er einen Code, nennt die einzelnen, immer wiederkehrenden Zeichen aus seinem unendlichen Vorrat "Darsteller", die er auf das leere Blatt wie auf eine Bühne stellt. Ein Taschentuchknoten steht für Erinnerung, was wie ein Croissant anmutet, steht für das Gehirn und das Herz wird durch eine kanopenartige Form symbolisiert. Die Welt in Katers Zeichnungen bekommt dadurch eine seltsame Vertrautheit, eine subtile Comicwelt in der sich die Traumszenarien des M.C. Escher und Jean Effels "kleiner Engel" zu begegnen scheinen.

Knapp 100 Aufträge für solche Zeichnungen gingen innerhalb von drei Jahren bei Kater ein - aber ihm ist das nicht genug, Anregungen fehlen. Dabei - ein Kuriosum - kostet der Zeichenauftrag nur den Preis für einen Brief oder eine E-mail. Ein Drittel meldet sich nie wieder, ein Drittel gibt ein kurzes Feedback, der Rest wird konkreter, antwortet manchmal auch. "Das passt nicht zu meinem Wohnzimmer."

Seine Arbeitsweise stellt Kater in Zusammenhang zu Kleists Essay "Über die allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Reden", meint: "Am Anfang steht das Ende nicht fest, aber das irritiert nicht." Zeichnen wird bei ihm ein ähnlich automatisierter Vorgang wie "Autofahren. Es heißt immer, da ist die Gehirnfunktion ganz aufs Motorische zurückgefahren. Und weil ich keinen Führerschein habe, muss ich eben zeichnen". Geht ihm sein fremd bestimmtes Thema nicht nahe, dann betrachtet er es wie mit einem Fernrohr, kann Produktivität sowohl aus Freiheit wie aus Beschränkung schöpfen.

Wer jetzt glaubt, Katers Kunst sei ein umständliches "Denk und Dachte", der wird beim Betrachten von viel hintersinnigem Humor in den Bildwelten überrascht. Und die Miniaturtafel mit der Aufschrift "Du sollst keine interaktive Kunst machen" reizt geradezu, den kleinen Schwamm zu ergreifen und zu löschen oder nach winziger Kreide zu suchen, um das leere Pendant daneben zu beschreiben.

Die Ausstellung ist bis zum 27. Oktober zu sehen.
Donnerstag von 17 bis 20 Uhr, Samstag und Sonntag von 11 bis 17 Uhr.
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12.10.2002 – Braunschweiger Zeitung

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Kommunikation der Objekte
Der Kunstverein Gifhorn zeigt die Ausstellung Mittelbau von Hannes Kater



Von Bianca Dietz
Grafische Muster, bauchige Formen – vertraut und doch fremd wirken die Zeichnungen an den Wänden des Gifhorner Kunstvereins. Alles schon mal gesehen? Irgendwie schon, und doch ist nichts wiederzuerkennen in der bizarren Vielfalt. Bekannte Farben, Rot, Blau und Grau, bilden ein fremd-
artiges, in Einzelteilen styroporenes Gesamtbild, fügen sich zusammen zu einer Welt, die einem Comic ent-
wachsen zu sein scheint. Und mit Macht kommunizieren will. Grafische Muster, bauchige Formen – vertraut und doch fremd wirken die Zeich-
nungen an den Wänden des Gifhorner Kunstvereins. Alles schon mal gesehen? Irgendwie schon, und doch ist nichts wiederzuerkennen in der bizarren Vielfalt. Bekannte Farben, Rot, Blau und Grau, bilden ein fremdartiges, in Einzelteilen styroporenes Gesamtbild, fügen sich zusammen zu einer Welt, die einem Comic entwachsen zu sein scheint. Und mit Macht kommunizieren will. Was fehlt, ist der Schlüssel, das Zauberwort, das den fremdartigen Code zu knacken vermag. Ohne ihn endet die Kommunikation in heilloser Irritation. Mittelbau lautet der Titel der Ausstellung von Hannes Kater, einem Künstler, der in seiner Entwicklung auch die Bühnenmalerei durchlief.

Dort mag er vielleicht sein Faible für die Komposition, die Installation, das Gesamtbild entwickelt haben, das der 37-Jährige im Kunstverein zur Schau stellt. Das einzelne Objekt wirkt für sich, scheint auf einen Betrachter zu warten, um mit ihm in Kontakt zu treten. Doch bedient der Künstler sich einer eigenen Bildsprache, Symbolen, von ihm liebevoll Darsteller genannt, ohne deren Kenntnis ein mögliches Zwiegespräch zum kauderwelscheden Monolog verkommt.

Die Betrachtung der Kunst Katers – er versteht sich als Bestandteil der Installation, in der der gebürtige Berliner schläft, arbeitet und Kaffee trinkt – weckt das Bedürfnis nach einem vertrauten Ausgangspunkt, einem Element, an das man sich klammern kann, um sich für des Künstlers bizarre Interpretation zu wappnen. Der gezeichnete Knoten beispielsweise, in seiner Form vertraut, aber scheinbar zusammenhanglos über Styroporelemente, Rigipswände und Projektionsflächen fliegend, stellt die Erinnerung dar. Er entwickelt sich, nimmt fast die Form einer von Kinderhand gezeichneten Raupe an und wächst zum Gehirn.

Das wiederum findet sich in sogenannten Klienten wieder, eine Frau und ein Mann. Ihr Kind allerdings wirkt unglücklich, fast zornig. Vielleicht, weil ihm von Künstlers Hand bislang das Gehirn versagt geblieben ist? Vielleicht aber auch, weil ihm einfach das Verständnis fehlt für die bizarre Welt, die es umgibt. Oder das passende Nachschlagewerk der Symbole.

Verstehst du mich?“ scheint eine fragile Konstruktion aus Pappe zu fragen, die den Titel Unterbau trägt. In der Form ähnelt sie einem Regal. Wie ein durchlässiger Kreis umgibt sie eine Röhre aus Plexiglas. Je nach Standpunkt – zwischen Papp-Konstruktion und Röhre oder außerhalb des beschriebenen Kreises – mag sich der Besucher geschützt oder eingesperrt fühlen. Gucken, denken, Raum, Kontrolle lauten einige der Worte, die Kater auf das Plexiglas geschrieben hat. Wieder das Gefühl: Irgendwie bekannt, aber der Groschen will einfach nicht fallen.


Bis 27. Oktober, Do. 17-20 Uhr, Sa. und So. 11-17 Uhr. Katalog: 12 Euro.

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