Texte aus dem Jahr 2000
 
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Kater bezieht sich in seiner Arbeit selten auf andere Künstler – aber oft auf schon vorhandene Zeichen, bzw. Zeichnungen. Ihn interessiert seine eigene Beziehung zu den Zeichen - zu seinen Zeichen. Sie sind weder nach hauptsächlich ästhetischen Kriterien ausgewählt noch dokumentarisch interessant, sondern zuerst deshalb ausgewählt und dann verwand, anverwand, weil sie ihn affektiv berühren.

   Alles, was ihn berührt, ist sowohl eine Verbildlichung (also eine Verzeichlichung und damit auch eine Verschriftung) und Verdinglichung der Wahrnehmung, als auch eine Selbstvergewisserung. Die Zeichnung ist somit der Ort, an dem eine Mortifikation der flüchtigen, sich entziehenden und dem Bewusstsein potentiell entgehenden lebendigen Erfahrung stattfindet: zudem die Verlebendigung des Gelebten für das distanzierte Bewusstsein.

   Nur in den Zeichnungen lebt Kater wirklich, nur in den – mit den – Zeichnungen nimmt Kater sich – und sein Leben – gesichert, gerettet wahr. Zeichnen – die Dinge, das Leben, aufzeichnen – ist nicht der einzige Kontakt mit den Dingen. Kater ist kein Voyeur, dem die leibliche Nähe Angst macht - und ist auch kein Ersatz für Erinnerung: Kater stellt keine bildlichen Surrogate für Erfahrungen her. Doch ermöglicht zeichnen eine Reflexion der Beziehung zu den Personen und Dingen – und Ideen, eine Art von Selbstfindung des Subjekts, das sich leicht im Wahrnehmen verliert.

   Katers Zeichnungen – die kleinen, täglichen, Notate, erzeugen im Betrachter ein mentales Bild, eine Vorstellung von ihrem Autor; und ebenso findet sich auch Kater in seinen Zeichnungen: das also ist mein Leben, das bin ich. Die Dinge, die Kater liebt und zeichnet - Menschen, Gesten, Gespräche, Beziehungen und Situationen - gehörten immer schon zu einer flüchtigen (vergänglichen), fließnden Welt: Schönheit, Verfall, Ordnung und Chaos in einem prekären, immer wieder nachzujustierenden Gleichgewicht.

   "Du fängst an, über die Dinge zu zeichnen, die dich beschäftigen; und dann zeichnest du einfach weiter."


Textsample – Quelle: Johannes Meinhardt über Nobuyoshi Araki. "Araki" wird zu "Kater", "Foto" wird zu "Zeichnung". Und kleinere Eingriffe. In: Kunst-Bulletin / April 1997 - gelesen am 5/6/00

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